Auf der Plattform Vroniplag werden schon seit längerem vornehmlich Doktorarbeiten auf Plagiate hin überprüft. Anfänglich ging es dort nur selten um Dissertationen aus der Medizin. Nun wurden auf Vroniplag bis Mitte Juni allerdings 23 Doktorarbeiten der medizinischen Fakultät der Universität Münster aufgelistet, in denen laut Vroniplag Plagiate gefunden wurden. Das wird auf der Übersicht des Vroniplags ersichtlich.
Auch wenn den meisten der zuletzt gefundenen/veröffentlichten Plagiate keine große mediale Aufmerksamkeit mehr zuteilwurde, so hat die schnell ansteigende Anzahl an wohl offensichtlichen Plagiaten in medizinischen Dissertationen an der Uni Münster in so kurzer Zeit doch Aufsehen erregt.
Viele Webseiten haben darüber berichtet und sogar die Print-Ausgabe des Focus hat in ihrer 22. Ausgabe diesen Jahres das Thema unter dem Titel „Doktorarbeiten offenbar zum Teil zu 100 Prozent abgeschrieben“ aufgegriffen.
Wer sich nicht durch die Arbeiten bei Vroniplag wühlen möchte, dem sei der Artikel zum Thema bei „Causa Schavan“ ans Herz gelegt. Dort ist zu einem Teil der zum damaligen Zeitpunkt veröffentlichten Plagiatsvorwürfe eine schöne Zusammenfassung mit den krassesten Plagiaten, samt unterhaltsamem Kommentar. Man erfährt auch, welcher Doktor mit welchem Doktorvater gut konnte, wer bei wem gelernt hat und wer wo abgeschrieben sowie eingereicht hat und trotzdem promoviert wurde. Wirklich lesenswert, obgleich die Lektüre einen wirklich fassungslos macht. Auch wenn in der Medizin bekanntlich weniger umfangreiche Arbeiten ausreichen, um den Doktortitel zu bekommen, so ist es dennoch unglaublich, dass der Titel ohne die kleinste wissenschaftliche Leistung verliehen wurde. Wie kann ein Text als medizinische Doktorarbeit durchgehen, der zu nahezu 100 % (!) aus einem Plagiat besteht und der Autor sich wohl auch gar nicht die Mühe gemacht hat, das zu verschleiern. Das erinnert ein wenig an das „Schwarzfahren“ mit Hinweisschild, da das offensichtliche Schwarzfahren dann angeblich nicht mehr als Straftat gewertet werden könne. Wenn, dann richtig, war wohl hier das Motto. Naja, man darf bezweifeln, dass das dem Autor der „Javaneraffenarbeit“ das etwas nützt.
Obwohl, die Münstersche Zeitung schrieb nach dem 21. Fall bereits, dass die Plagiatoren, denen der Titel entzogen wird, nicht mit einer Strafe durch die Ärztekammer rechnen müssten. Also müssen die Doktoren im schlimmsten Falle auf das „Dr.“ verzichten, da „kein Betrug am Patienten“ vorliege. Ist das so vertretbar? Da gab es doch auch schon ganz andere Fälle, in denen jemand ohne Doktortitel als Arzt tätig war [Anm.: das ist an sich auch üblich, nicht alle Ärzte sind promoviert. Da hat der Autor des Artikels tatsächlich geschlampert!]. Diese Hochstapler erwarteten allerdings ganz andere Strafen. Beispiel gefällig? Jahrelang hat ein Arzt Hochstapler in München operative Eingriffe vorgenommen und flog zunächst nicht auf (ein Einzelfall? Hier ist noch ein Beispiel und noch eins). In über 100 Operationen sei kein einziger Patient zu schaden gekommen. Trotzdem wurde der Mann zu 14 Monaten Haft verurteilt. Der Fall ist zugegebenermaßen extrem und der Täter ist auch ein Wiederholungstäter, doch trotzdem haben sich auch die Doktoranden der Universität Münster zu Unrecht als Doktoren angegeben? Na gut, der entscheidende Unterschied dürfte sein, dass letztere durch die Uni offiziell dazu legitimiert waren, denn trotz der grauenhaften Doktorarbeiten wurden sie promoviert. Man könnte hier also die Verantwortung mal wieder ganz einfach auf die Uni schieben. Beim Plagiatsskandal an der Uni Münster ist dort bestimmt auch ein Großteil der Schuld zu finden, schließlich sind die Doktorarbeiten alles andere als umfangreich und wenn derselbe Doktorvater zwei, sagen wir mal „sehr ähnliche“ Arbeiten betreut, müsste ihm das auffallen. Trotzdem ist es auch irgendwie traurig und zugleich erschrecken, dass angehende Doktoren der Medizin überhaupt solche Arbeiten einreichen und hoffen oder sogar überzeugt sind, damit durchzukommen.
Immerhin hat die Uni Münster mittlerweile eine Prüfungskommission einberufen, die sich derzeit mit den Vorwürfen beschäftigt.
Wir bleiben gespannt, ob da noch mehr kommt und wie es weitergeht.
Der Artikel verwechselt unzulässig zwei verschiedene Sachverhalte. „Arzt“ ist nicht gleich „Doktor“. Und ein „Doktor“ macht noch keinen Arzt.
Danke für den Einwand, der vollkommen richtig ist. Es gibt natürlich viele Ärzte, die nicht promoviert wurden. In einem der verlinkten Artikel wird ja sogar darauf eingegangen, dass immer mehr junge Mediziner auf die Promotion verzichten.