Seit 1977 verleiht der Verein „Aktion Plagiarius e.V.“ den Negativpreis an Hersteller und Händler besonders dreister Produktfälschungen. Der Plagiarius ist für Hersteller/Händler das, was die „Goldene Himbeere“ für Schauspieler ist. Die goldene Himbeere wird immer am Tag vor der Oscar-Verleihung vergeben und da die Oscars heute Abend verliehen werden, sind die Himbeeren schon verteilt. Wobei man dazusagen muss, dass die Folgen für einen damit ausgezeichneten Schauspieler wahrscheinlich nicht so weitreichend sind, wie für den ausgezeichneten Hersteller oder Händler. Die Preise selbst sind natürlich für komplett unterschiedliche (Nicht-) Leistungen, aber trotzdem sind beide Auszeichnungen in ihrem jeweiligen Bereich gefürchtet.
Der Plagiarius 2015 ging an drei Hauptpreisträger. Daneben gab es einen Sonderpreis („Oscarius“) und drei gleichrangige Auszeichnungen. Auch in diesem Jahr stammen die meisten Plagiate aus China, aber auch Produktimitationen aus den USA und sogar aus Deutschland wurden ausgezeichnet.
Wer sich den Vergleich des Originals mit der Fälschung anschaut, stellt fest, dass auf den ersten Blick kaum ein Unterschied feststellbar ist. Die Zeiten, in denen man als Laie sofort bemerkt hat, dass das betrachtete Produkt eine Fälschung ist, sind schon lange vorbei. Die Plagiate werden immer professioneller was das Aussehen betrifft – oft wird aber am Innenleben und an der Qualität gespart. Das sorgt beim Käufer natürlich für Unmut, der in den meisten Fällen auf den Hersteller des Originals zurückfallen dürfte.
Einer der Hauptpreisträger aus Deutschland kämpft derzeit noch gegen den Plagiatsvorwurf. Laut Spiegel habe der Geschäftsführer eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und versichert, die beanstandete Möbelrolle sei ohne Verwendung des Originals als „Vorlage“ entstanden.
Wie auch bei Plagiaten im Zusammenhang mit Doktorarbeiten bleibt festzuhalten, dass auch Produktpiraterie kein Kavaliersdelikt ist. Ein Schaden entsteht bei vielen Beteiligten und es gibt Produkte, bei denen die (oft auch unbewusste) Verwendung eines Plagiats zur Bedrohung von Leib und Leben werden kann. Ein Beispiel dafür sind die ebenfalls mit dem Plagiarius ausgezeichneten Plagiate (dritter Platz) von Notfallbeatmungsgeräten. Die Originale stammen von der WEINMANN Emergency Medical Technology GmbH + Co. KG aus Hamburg (links) und wurden von der Ambulanc (Shenzhen) Tech Co., Ltd in Shenzen kopiert. Gerade im Bereich von Medizin-Produkten möchte man nicht derjenige sein, der die Folgen von Plagiaten am eigenen Leib erfahren muss.
Sogar ein Video-Plagiat
Ein ebenfalls besonders dreister Plagiatsfall wurde mit dem Sonderpreis „Oscarius“ ausgezeichnet. Erklärvideos der simpleshow GmbH wurden von der indischen Firma TYSV kopiert, minimal bearbeitet und dann als eigene Videos veröffentlicht. Die minimale Bearbeitung bestehe lediglich aus dem Austausch des Firmenlogos in der letzten Szene. Ein so dreistes Plagiat hatten wir bei den Doktorarbeiten noch nicht ganz. Im Prinzip wäre das eine 100-prozentige Kopie – nur mit anderem Namen des Verfassers. So viel wollte wohl noch niemand riskieren und ehrlich gesagt ist das wirklich unglaublich frech.
Mehr zum Thema gibt es auf der Webseite der Aktion Plagiarius. Dort ist auch die offizielle Pressemitteilung mit weiteren Details und Hintergründen verlinkt.